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 Elektrische Großuhren 3
Deutsche übersetzung von Christa Nehls unter Mitwirkung von Felix Closs

© Michel Viredaz, Epalinges (CH)  2002


Eine Einführung in die Entwicklung und Funktionsweise von Elektrischen Großuhren
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Elektrischer Aufzug

Die Uhren, die in diesem Abschnitt beschrieben werden, sind durchweg mechanische Uhren mit Pendel oder Unruh, Gewicht oder Zugfeder, bei denen der Aufzug elektrisch anstatt manuell erfolgt. Es existieren sogar einige Systeme, die man an bereits vorhandene mechanische Uhren anbringen kann.

Der Aufzug erfolgt entweder durch einen elektrischen Motor (der bei jedem Kontakt viele Windungen des Gewichtes oder der Feder aufzieht) (Abb. 7) oder mit einem Elektromagneten, der das Uhrwerk in vielen kleinen Portionen über ein Sperrad und eine Klinke aufzieht. In beiden Fällen ist aber das Endergebnis dasselbe (Fig. 8).

Abb. 7: Bürk Uhr aus dem Schwarzwald, ca. 1960. Ein kleiner Motor, geschaltet durch einen Quecksilberkontakt, sorgt für den Aufzug.

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Abb. 8: Eine EZ (Elektro-Zeit, später T&N = Telefonbau & Normalzeit) Uhr aus den 30er Jahren des 20. Jh. Im Gegensatz zum    herkömmlichen Klinken- und Sperrad-Aufzugssystem, das in vielen elektrisch aufgezogenen Uhren zu finden ist. Das das elektromagnetische System in den EZ Systemen besteht aus einem zweipoligen Anker, welcher so gestaltet ist, dass er sich über ca. 25° in das magnetische Feld dreht wenn der Kontakt geschlossen wird. Er gibt diese Rotationsenergie über die Oberfläche des Kontaktes auf ein großes Schwungrad, das ein kleines Gewicht aufzieht, welches genügt, um die Uhr  für einige Minuten anzutreiben, bis der Ablauf sich wiederholt. Dieser elektromagnetische „Aufzugsmotor“ ist eine eigenständige Einheit, von der auch das Pendel herunterhängt. Diese Einheit ist getrennt vom Räderwerk (nicht auf dem Bild), welches die Pendelschläge zählt und die Zeit auf dem Zifferblatt darstellt. Diese zwei Einheiten sind miteinander über einer Schraubenfeder verbunden. Die gezeigte Uhr hat eigentlich zwei Räderwerke, die über ein Differential verbunden sind , eines für die Zeitangabe und eines für den Nebenuhrenkontakt, der sich einmal pro Minute um eine halbe Umdrehung dreht und gleichzeitig die Polarität umkehrt.

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Einige Uhren werden in kürzeren Intervallen aufgezogen (einmal pro Minute bei David Perret) oder in längeren wie bei Turmuhren. Einige Uhren haben eine Gangreserve für den Fall eines Stromausfalls, andere laufen nur in der Zeit zwischen zwei aufeinander folgenden Aufzugsbewegungen (z.B. das kleine "Reform" Werk, in großer Stückzahl hergestellt und sehr bekannt) (Abb. 9).

Abb. 9: Kleine Schweizer Reiseuhr (Cosmos), welche die billige Version des Reform-Werkes nutzt, basierend auf Patenten von 1928 und 1929. Sie hat eine kurze Feder, die eine Reserve von ca. drei Minuten ergibt. Wenn die Reserve der Feder fast aufgebraucht ist, schließt ein kleiner Arm den Kontakt, und der Elektromagnet stösst einen Arm an, an dessen Enden zwei Kugeln befestigt sind. Der Schwung des Arms zieht die Feder erneut  über ein Sperrad auf  und unterbricht gleichzeitig den Kontakt. Dieses Werk findet man häufiger in einer Ausführung hoher Qualität mit 15 Steinen und Breguet-Spirale.

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Die Gangreserve wird durch ein Gewicht oder eine Feder erreicht, die durch häufiges Aufziehen in kurzen Intervallen mehr oder weniger voll aufgezogen gehalten wird. Das Uhrwerk kann dann auch während eines Stromausfalles mit der Gesamtlänge der Feder oder der Gewichtsaufhängung gehen. Der vollständige Aufzug erfolgt automatisch, wenn der Strom wieder eingeschaltet wird. In dieser Uhrenkategorie wird ein System benötigt, das den Aufzug im richtigen Moment an- bzw. abschaltet. In den Moser-Baer und vielen anderen Uhren, die einen relativ starken Motor für den Aufzug benützen, erfolgt dies durch einen Kontakt, der mit einer gleitenden Schraube verbunden ist, die auf dem Federhaus fixiert ist. Bei einigen gewichtgetriebenen Uhren wird der Kontakt durch das Gewicht selbst geschaltet, wenn sich dieses nach oben bzw. unten bewegt. In Zenith-Uhren und anderen Uhren, die mit einem  schwachen Motor,  wie z.B. mit einem Ferraris-Motor (gleich wie in den meisten Strom-Zählern) ausgerüstet sind, wird der Strom nicht unterbrochen, da dies unnötig ist für die geringe Leistung von 2 Watt. Das Aufzugsrad wird vielmehr durch einen filzüberzogenen Hebel gestoppt, der nach demselben Prinzip wie oben konstruiert ist. Das Ergebnis ist ein -  in kurzen Intervallen von 2-3s - fast kontinuierliches Aufziehen. Der Motor läuft nur nach einer Stromunterbrechung für eine längere Zeit  (Abb. 10 und 11).

Abb. 10: Wanduhr Ferramo mit Unruh Antrieb, hergestellt durch  T. Baeurle & Söhne, Sankt Georgen, Schwarzwald, sie nutzt einen Ferraris Motor für den Aufzug. Der Hauptvorteil dieses Motors ist, dass er leise ist, eine Eigenschaft, die nicht alle elektrischen Uhren für sich beanspruchen können!

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Abb. 11: Präzisionsuhr mit schwerem Sekundenpendel, Zenith. Das Werk  wird durch das Gewicht angetrieben. Die Aufzugs-Einheit - basierend auf einem Ferraris Motor - ist getrennt und unter dem Werk platziert. Sie läuft an, sobald das Gewicht nur wenige Millimeter abgelaufen ist. Dadurch wird eine Gangreserve von mehreren Stunden sichergestellt. Das Werk ist konventionell, aber in hervorragender Qualität gefertigt. Es hat eine Grahamhemmung mit Steinpaletten. Die gleiche Uhr gibt es auch in einer Ausführung mit Handaufzug.

Eine sehr seltene Besonderheit ist die O’Keenan Uhr aus Paris, in der sich der Motor kontinuierlich bewegt: seine Geschwindigkeit wird durch die Hemmung über einer Speicherfeder selbst geregelt, so dass permanent die notwendige Energie an das  Uhrwerk abgegeben wird  (Abb. 12).

Abb. 12: O’Keenan Uhr, Paris, ca. 1905. Sie hat einen besonderen kleinen Motor, bekannt unter dem Namen “OK”, der auch in  Gaszählern häufig verwendet wird. Er dreht sich beständig, um eine Speicherfeder aufzuziehen, die wiederum ein konventionelles Uhrwerk antreibt. Die Hemmung hält den Motor auf einer solchen Geschwindigkeit, dass er nie angehalten werden muss.

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Natürlich muss in allen diesen Uhren der Aufzug so konzipiert sein, dass der Energiefluss bis zur Hemmung nicht während des Aufziehens unterbrochen wird. Dies ist ein altes – in der Uhrenkunde wohl bekanntes – Problem, besonders in Präzisions- und Turmuhren. Bei Turmuhren wird häufig eine endlose, sogenannte Huygens’sche Kette benutzt, um alte Werke zu elektrifizieren. Durch Hinzufügen einer magnetischen Synchronisation des Pendels durch eine funkgesteuerte Uhr können antike Turmuhrwerke modernisiert werden, ohne irgendwelche nicht rückgängig zu machende Änderungen -  ein äußerst wichtiges Konzept in der Restaurierung.

Wagner clock Animation einer Aufzuguhr von Wagner.

Die Animation zeigt eine Uhr von C.-T. Wagner aus Deutschland. Die Uhr wird durch zwei Gewichte angetrieben, eines für das Gehwerk, eines für die Kontakte. Sie werden jede Minute auf die exakte Höhe durch einen „Z“-förmigen Elektromagneten aufgezogen. Hier findet man eine genauere Beschreibung (nur in Englisch).

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Für weitere Informationen wende Dich bitte an : Michel Viredaz

Letzte Revision: 14. November 2002


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