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 Elektrische Großuhren 5
Deutsche übersetzung von Christa Nehls unter Mitwirkung von Felix Closs

© Michel Viredaz, Epalinges (CH)  2002


Eine Einführung in die Entwicklung und Funktionsweise von Elektrischen Großuhren
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Nebenuhren

Nebenuhren sind keine selbständigen Uhren, sondern abhängige Instrumente, die Impulse von der Hauptuhr erhalten. Sie zählen diese, um Minuten und Stunden auf dem Zifferblatt anzuzeigen. Sie könnten niemals alleine die Zeit angeben, und zahlreiche Amateure, die das nicht wussten, haben bereits schlechte Geschäfte auf Flohmärkten gemacht! Sie benötigen eine Hauptuhr, die im allgemeinen jede Sekunde einen Impuls gibt (hochpräzise Uhren),  oder alle 30 s (typischerweise in Frankreich und Großbritannien) oder jede Minute (Deutschland und Schweiz) (Abb. 17, 18 und 19).

Abb. 17: Nebenuhr von M. Hipp. Ihr Anker ist polarisiert und schwingt von einer Seite zur anderen als Reaktion auf Stromimpulse wechselnder Polarität, die von der Hauptuhr gesendet werden. Das Sperrad wird durch eine der Spindelhemmung  ähnliche Konstruktion angetrieben. Dieses Werk existiert in Minuten- und Sekundenversionen und in verschiedenen Grössen entsprechend der Länge der Zeiger.

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Abb. 18: Nebenuhr von A. Favarger, Nachfolger von Hipp. Sie hat einen polarisierten, rotierenden Anker und wurde währen ca. dreiviertel eines Jahrhunderts in vier Grössen hergestellt.

Abb. 19: Nebenuhr von Favarger, mittlerer Größe.

Favarger secondary clock Animation einer Favarger Nebenuhr.

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Die Hauptuhr-Funktion ist unabhängig vom Uhrentyp und alle oben beschriebenen Konstruktionen können diese Rolle spielen, die notwendigen Kontakte vorausgesetzt. Sogar eine rein mechanische Uhr kann die Funktion einer Hauptuhr ausüben, wenn sie mit den passenden Kontakten ausgerüstet ist.

Abgesehen von verschiedenen Impuls-Intervallen (z.B. ob sie 1 s, 30 s oder 1 Minute betragen) können die Nebenuhren in zwei große Familien unterteilt werden: polarisierte und nicht-polarisierte. Polarisierte Uhren, die hauptsächlich in Deutschland, Frankreich und der Schweiz gebräuchlich sind,  benötigen abwechselnd einen positiven und einen negativen Impuls (normalerweise Niederspannung) (Abb. 20).

Abb. 20: Polaritätswender von Heliowatt. Jede Minute macht ein Nocken, links zu sehen, eine halbe Drehung und schließt den Kontakt abwechselnd auf jeder Seite, wobei die Polarität umgekehrt wird.

Badier and Paulin polarity inversion device Animation eines Polwender.

Diese Animation zeigt das System hergestellt von Badier und Paulin aus Grenoble, 1888. Es ist denen von Hipp und Aron (Heliowatt) sehr ähnlich.

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Der Grundgedanke hinter der polarisierten Nebenuhr ist, ungewollte Sprünge der Zeiger zu vermeiden, die aufgrund eines prellenden Kontakts oder äußerer Störeinflüsse entstehen. Dies erfordert ein spezielles System - einen Polaritätswender oder Umschalter - in der Hauptuhr, natürlich keine einfache Konstruktion. Nicht-Polarisierte Uhren empfangen den Impuls immer in der gleichen Stromrichtung. Das bedeutet Einfachheit, aber erfordert einen gut gebauten Kontakt. Diese Uhren gibt es typischerweise in Großbritannien, weniger anderswo, außer  zu Beginn der elektrischen Uhrentechnik (z.B. Campiche um 1900). 

Die Konstruktionsdetails sind sehr unterschiedlich und mehr oder weniger geräuschvoll, aber die meisten, wenn nicht alle von ihnen, benutzen einen Elektromagneten, ein Gesperr und ein traditionelles Räderwerk.

Die Uhren der Schweizerischen Eisenbahngesellschaft (SBB), hergestellt von Favag, verdienen eine besondere Erwähnung. Sie haben einen Sekundenzeiger, der jede Minute für ca. 2 s anhält. Aus Gründen der Vereinfachung und möglicher Kostensenkung waren sie tatsächlich ein Versuch, Nebenuhren mit Sekundenzeigern herzustellen, die von der Hauptuhr nur über Minutenimpulse gesteuert werden. Es gibt in diesen Uhren in der Tat zwei verschiedene, koaxial angeordnete Werke: eine normale Minuten-Nebenuhr und ein synchrones Laufwerk für den Sekundenzeiger, das bei jedem Umlauf nach 58 s gestoppt wird. Durch den Impuls des Minutenkontakts der Hauptuhr wird es  für den  nächsten Umlauf wieder freigegeben.

Es gibt sehr große Nebenuhren für Türme und Kirchen, an die spezielle Anforderungen gestellt werden, wie z.B.hohes Gewicht der Zeiger; Vögel; die sie als Sitzstange nutzen; Wind etc. (Abb. 21 und 22).

Abb. 21: Turm-Nebenuhr von Campiche, Genf, Ende des 19. Jh. Sie ist unipolar und basiert auf einem typischen französischen Zeigerwerk mit einer zusätzlichen Platte, auf welcher der Elektromagnet und das Gesperr befestigt sind. Ein Gegengewicht dient zum Ausbalancieren des Minutenzeigers.

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Abb. 22: Kleine Turm-Nebenuhr von Moser-Baer. Sie ist polarisiert und  mit einem zusätzlichen System versehen, das die Zeiger zwischen zwei Impulsen blockiert. Es hat die Aufgabe, die Zeiger vor zufälligen, nicht “zeitgerechten” Bewegungen zu schützen. Ca. 1960.

Favag baute ein sehr großes System mit einem starken 220V Motor, der über eine übliche Nebenuhr gesteuert wurde, die als Relais benutzt wurde. Gent baute ein System, genannt „Waiting-Train“ für kleinere und größere Türme. Es hat  ein ungewöhnlich schweres Pendel, das als Kraft-Reserve dient, um die schweren Zeiger zu betreiben. Dieses Pendel hat keine Zeitgeberfunktion. Es wird durch ein Hipp-Toggle System gesteuert. Das Pendel schwingt geringfügig zu schnell und treibt über eine Klinke ein Schaltrad an bis zu einer Stelle, an der ein Zahn durch einen Hebelarm teilweise verdeckt wird. Dadurch wird die weitere Bewegung des Rades gestoppt, es “wartet“, bis der Hebelarm durch den Anker eines Elektromagneten nach dem Empfang eines Impulses von der Hauptuhr angehoben und damit der verdeckte Zahn freigegeben wird. Dieser Vorgang wiederholt sich nach jeder Umdrehung des Schaltrades, d.h. alle 30 Sekunden.

Bevor wir nun mit dem nächsten Kapitel fortfahren, sollten wir noch etwas über Schiffsuhren sagen (beides: Haupt- und Nebenuhren), die derart gebaut sind, dass ihre Zeiger vorwärts und rückwärts bewegt werden können, um den Wechsel der Zeitzonen auszugleichen.

Weitere Nebenuhren-Bilder - Teil 1
Weitere Nebenuhren-Bilder - Teil 2

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Für weitere Informationen wende Dich bitte an : Michel Viredaz

Letzte Revision: 14. November 2002


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